AUF "Getimed"

Title:
AUF "Getimed"
Year: 
2018
Release #: 
KLANGBAD76
15,00 €

Klangbad76LP, Gatefold, 180gr Vinyl, Printed Innersleeve with english/frensh lyrics, Download Code
Klangbad76CD, Digipak, 36-page booklet
Digital Download
Release Date: 04.05.2018
Pre-Order already possible. Shipment from May 3rd onwards.

www.auf-music.com

Presseinfo:
WEITER! In der Musik wie in der Kunst steht auch die Frage im Vordergrund, wie es weiter geht. Die digitale Evolution hat alles verändert, nicht zuletzt die Art und Weise wie wir leben. Aber wollen wir auch so leben, wie es uns die neue Welt zu suggerieren und einzuschmeicheln versucht? Oder bleiben nicht doch die ewigen Fragen nach der Liebe, der Zeit und dem Sinn die nach wie vor zentralen Fliehkräfte, von denen man sich besser nicht ablenken lassen sollte?

Das Debüt-Album des Berliner Duos AUF, bestehend aus der Texterin, Komponistin, Gitarristin und Sängerin Anne Rolfs und dem Schlagzeuger Mathias Brendel, trägt den Titel GETIMED. Im Titelsong singt Rolfs: „Und alles, alles ist getimed / Alles, alles will gerade mit uns sein / Und ich weiß auch nicht wieso / Doch alles, alles ist für uns allein“. Sie beschreibt mit konkreten Worten ein Gefühl der Vereinzelung, das die Nähe zum Gegenüber sucht. Schon seit Langem hat es kein deutschsprachiges Debüt-Album einer Band mehr gegeben, das in einer solchen lyrischen Verknappung versucht, alles, was zwischenmenschlich an Stromschlägen und Energieentladungen möglich ist, in knappe Worte zu fassen und in deren beständiger Wiederholung mantrahaft die eigenen Gedanken in Unordnung zu bringen.

Reduktion in Wort und Sound ist der Schlüssel zu GETIMED und der Klangarchitektur von AUF. Musikalisch gesehen
kann man die Idee der Rockband vermutlich kaum noch weiter und konsequenter verdichten als es Anne Rolfs und Mathias Brendel im virtuosen Zusammenspiel von E-Gitarre und akustischen Schlagzeug auf jedem einzelnen ihrer zehn Songs in schlafwandlerisch-vertrauter Manier getan haben. Kathartisch überlagern sich die Akkorde, Soli, Obertöne und Basslinien, die Rolfs ihrer Gibson Les Paul in atemberaubender Könnerschaft aus den Saiten lockt — stets in einem Take aufgenommen und ohne jegliche Overdubs und anschließende digitale Korrekturen in der Post-Produktion. Ihre hypnotischen Melodien und Power-Chords stehen im Wechselspiel mit den ligranen Verzierungen und vor allem dem brachialen Powerplay von Mathias Brendel.

HP Baxxter: „Anne Rolfs ist eine der tollsten Gitarristinnen, die ich je gehört habe. Ihre Band hat eine enorme Power. Wicked!“

Das Ergebnis dieses symbiotischen Zusammenspiels ist ein völlig neuer, ungemein leidenschaftlicher Rocksound, dessen Traditionslinie unschwer in der Geschichte zu verorten ist — hier wären Jimi Hendrix in Bezug auf das Gitarrenverständnis sowie Led Zeppelin in Bezug auf des wirkliche Zusammenspiel innerhalb einer Band zu nennen. Im Unterschied zu den beiden Gruppen und überhaupt der Geschichte der ampli zierten Rockmusik erschaffen AUF ihren ebenso aufwühlenden wie zarten und somit dynamischen Druck allerdings mit nur zwei Instrumenten. Diesen Sound haben AUF bereits im Jahr 2015 im Berliner Hansa-Studio gemeinsam mit dem Soundingenieur und Produzenten Cornelius Rapp (und gemastert von Rashad Becker bei Dubplates & Mastering) in bahnbrechender Manier dekliniert und jetzt endlich auf Schallplatte und Compact Disc gebannt.

Anne Rolfs: „Meine vorangegangen Platten mit Wuhling habe ich immer ganz woanders aufgenommen — in Frankreich,
in Chicago. Aber noch nie hier in Berlin, der Stadt, in der die Musik entstand. Dieses Mal wollte ich den Flow und den Space, den man hier in Berlin hat, nicht unterbrechen. Eine Aufnahme fordert alles. Die ganze Konzentration muss aufge- bracht werden, damit Momente festgehalten werden können, die tatsächlich die ganze Arbeit, die zuvor geleistet wurde, in einen Klangkörper überführen. Vielleicht ergeht es mir im Studio wie einem Leichtathleten, der jahrelang nur für diesen einen Lauf bei der Olympiade trainiert hat?“

Zugleich beantworten AUF mit vergleichsweise einfachsten musikalischen Mitteln auf Ihre Weise die Frage, wie es im Rock weitergehen kann. Zu jedem Zeitpunkt des Prozesses wie auch in ihren spektakulären Konzerten achten Anne Rolfs und Mathias Brendel dabei darauf, dass jeder Schritt auf dem Weg zum fertigen Song, zum fertigen Album mit maximaler Aufmerksamkeit begangen wird, damit auch ja kein Dezibel und kein Atemholen im Lauf der Dinge verloren geht. Eben so, wie jeder Maler vor der Grundfrage steht, was er den über die Jahrhunderte gleich gebliebenen Komponenten Leinwand, Grundierung und Farbe an Neuem zu entlocken imstande ist, um WEITER zu kommen, standen auch AUF zu Anfang vor dem Problem, wie sie diese ganz spezi sche Klangwelt in eine Form gießen könnten, die in Anne Rolfs Kopf indes bereits hyperklare Konturen und Räume besaß — noch bevor der erste Ton eingespielt war.

Die Suche nach einem Drummer, der zugleich über absolute Virtuosität verfügen wie auch eine lyrische Ader besitzen musste, gestaltete sich Anfangs als schwierig. Das Problem lag in der ganz spezi schen Vision Anne Rolfs’, die Konzert- situationen als existenzielle Begegnungen versteht, in denen die ganze Breitwand menschlicher Emotionen — von Liebe und Zärtlichkeit bis hin zum Schmerz — verhandelt und ausgesprochen werden können und sollen. Regelmäßig berichten etwa Konzertgänger, dass die Konzerte von AUF körperlich ähnlich durchdringend spürbar seien wie subsonische Bässe im Techno. Von einem Schlagzeuger erfordert dieser Anspruch allerdings geradezu Menschenunmögliches: Er muss sich im ganzen Spektrum von der mit Auslassungen und Verschleppungen ausdifferenzierten Gedichtverstärkung bis zum gewal- tigen Crescendo wohl fühlen, er muss „liefern“, er muss es, metaphorisch gesprochen, dem Publikum „besorgen“, aber
er muss auch in den Zwischentönen poetisch und unberechenbar bleiben. Nach unzähligen Auditions war es schließlich Mathias Brendel, der Anne Rolfs’ Gitarrenspiel die nötige Konterenergie entgegenbringen konnte.

Anne Rolfs: „Das Problem war stets, dass sie alle stilistisch sehr limitiert waren. Sie spielten entweder Metal, Funk, Rock oder Jazz. Sobald es einmal darum ging, aus einem stilistischen Ghetto auszubrechen war immer gleich Feierabend. Bei AUF gibt es aber keinen durchgehenden Stil, sondern eine Stillosigkeit. Keiner kam mit den komplexen, überraschenden Rhythmuswechseln klar, etwa vom 2/4 zum 3/4 oder 5/8-Takt. Es gab Drummer, die konnten nur 4/4. Mit denen wird ein Walzer zur Walze.“
Anne Rolfs weiß genau, was sie will. Sie ist eine kompromisslose Persönlichkeit mit eigener Haltung, eigenem modischen Stil und klaren Vorstellungen. Sie spielt so unfassbar gut Gitarre, dass wir uns verstört fragen, wie sie in einer so ausdif- ferenzierten und getimed-ten Welt die Empathie und die Fokussierung aufbringt, einen ganz eigenen Ton zu beschwören
— also genau das, was im Jazz als Differenz und Einzigartigkeit seinen herausragenden Protagonisten zugeschrieben wird. Anne Rolfs hat das klassische Gitarrenspiel am Konservatorium studiert, um anschließend alles Gelernte au rebours zu kehren, alles gegen den Strich zu bürsten. Es ist ihr enorm facettenreiches Spiel, das diese Dynamik in ihren Melodien be- schwört. Melodien, die so herzzerreißend Pop sind, dass man eben jene Ergriffenheit in sich zu spüren beginnt, die man nur mit elektrisch verstärkter Musik erschaffen kann — pure, zugleich durch die Lautstärke verzerrte Emotionen. Die Melodien von AUF haben tatsächlich wie die besten Popsongs die Qualität, einen im Schlaf zu verfolgen, in Träume einzusickern auch deshalb, weil sie im Zusammenklang mit Anne Rolfs dezidiert zurückgenommenen Gesang stehen. Der wiederum steht im Widerspruch zu allen Hörgewohnheiten, es gibt keine Vorgängerinnen im deutschsprachigen Raum zu Anne Rolfs einzig- artigen, oft ge üsterten, nie gebrüllten Gesangsstil. Sie macht sich damit auch angreifbar, weil in ihren Texten nicht zuletzt Verletzlichkeit, Gefühle von Einsamkeit und erzählte Gesellschaftsbeobachtung eng nebeneinander stehen.

Anne Rolfs: „Ich denke immer lange über ein Thema mit all seinen Facetten nach und versuche es dann anschließend mit einfachen Worten auf den Punkt zu bringen. Vergleichbar vielleicht mit Aphorismen. Es ist für mich jedes Mal ein langer, steiniger Weg, um auf die Reime zu kommen. Ich wiederhole diese Reime dann aber gerne, weil ich genau in dieser Stimmung bleiben will. Anderer Satz, andere Stimmung.“

Damit steht Anne Rolfs in der jungen Tradition der deutschsprachigen Auteurs in der Musik, die sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten formal an der konkreten Poesie orientierten und inhaltlich das gesamte Kaleidoskop zwischen dem Ich und seiner — bzw. ihrer — Umwelt verhandelten. Dabei achtet Anne Rolfs darauf, dass ihre Sprache verständlich, direkt und emotional bleibt — um embedded in den wuchtigen Gesamtklang wie ein Kontrast, wie eine Kontermelodie zu verführen. Unter diesen Vorzeichen einen eigenen, neuen Bandsound zu erschaffen, gehört bekanntlich zu den schwierigsten Heraus- forderungen in der Rockmusik. Die beiden Puristen von AUF meisterten diese Klippe freilich mit Leichtigkeit, Tightness und vor allem Intensität, dass ihr Debüt-Album vom Moment des ersten Hörens an eine Vielzahl von Erzählsträngen offeriert, denen zu folgen es sich ausnahmslos lohnt.

Solche komplexen Narrative kennen wir vor allem aus der Lyrik und aus der bildenden Kunst, und somit ist es vielleicht auch kein Wunder, dass zahlreiche Künstler und Kuratoren zuletzt ihr Herz an die Musik von AUF verloren haben. Bestes Beispiel hierfür ist das Artwork von GETIMED, ein Gemälde des deutschen Malers Thomas Scheibitz und seit der Gründung der Band 2013 Fan von AUF. Dass Thomas Scheibitz Anne Rolfs sein Bild „La Horde“, eine konzeptuelle Auseinanderset- zung mit einer Fälschung eines angeblichen Bildes von Max Ernst, bereitwillig überließ, ist eine große Geste. Andererseits passiert die Musik von AUF nicht zufällig auch in Kunsträumen. Wiederholt traten AUF 2017 beispielsweise im Rahmen der Sigmar-Polke-Ausstellung im Me Collector’s Room in Berlin auf.

AUF sind damit ein neuartiger Typus von Band, ein Duo, das sich traut, Visier und Rüstung abzulegen, um existenzielle Kernpunkte unseres Innenlebens in Worte zu fassen, dabei aber nicht die naheliegende, eben keine formelhafte musikali- sche Umsetzung zu suchen. Im beständigen Kombinieren vermeintlich unvereinbarer Bestandteile bedienen sich AUF nicht zuletzt gängiger Strukturen aus der Kunst, die freilich seltensten Falls in der Welt der Pop- und Rockmusik angewandt wer- den. Der Journalist und Autor Christoph Twickel fand für das geile Paradoxon von AUF klare Worte: „Man muss die Musik von AUF sehr, sehr laut hören, um zu spüren, wie zart sie ist.“

AUF are Anne Rolfs (guitar, vocals) and Mathias Brendel (drums)
All titles written by AUF / Anne Rolfs and Mathias Brendel
Produced by Cornelius Rapp and Anne Rolfs
Recorded and mixed at Hansa Studios Berlin by Cornelius Rapp
Assistant recording engineer: Nanni Johannson
Mastering by Rashad Becker, Dubplates & Mastering Berlin
All tracks C and P 2018 by Klangbad Records
The album cover features a detail of the painting “La Horde” by Thomas Scheibitz
(2012, 280x180cm, Private Collection, Southport, CT).